Interviews – Interview Prof. Dr. Blaha

„Schon 10 Cent mehr könnten einen gewaltigen Unterschied machen“

Der Veterinärmediziner Prof. Dr. Thomas Blaha setzt sich für wirksamen, kompetenten und zielgerichteten Tierschutz ein.

SUPERKÜHE: Herr Blaha, wie geht es den Milchkühen in Deutschland?
Thomas Blaha:  Ich kenne nicht jede, aber es geht ihnen sehr unterschiedlich. Nicht, weil sie in verschiedenen Haltungssystemen leben, mal auf großen oder kleinen Höfen, mal auf konventionellen, mal auf biologischen: Sondern weil sie vor Ort ganz unterschiedlich betreut werden. Damit es ihnen gut geht, braucht es vor allem eines: Einen aufmerksamen, fürsorglichen und kenntnisreichen Halter. Es wäre Unfug zu sagen: Landwirte können nur so viel tun, wie ihnen das System erlaubt. Sie haben nicht alles in der Hand, aber vieles. Sie sind es, die vor Ort dafür sorgen können, dass es den Tieren gut geht: physisch, mental, sozial.

Wo liegen die drängendsten Probleme?
Wo immer über Nutztierhaltung gesprochen wird, macht man es sich – oft – zu einfach. Letztlich geht es darum, dass uns allzu leicht die Wertschätzung für das Tier verloren geht. Und das schlägt sich vor allem im Preis nieder, vor allem für Fleisch. Ein Milchbauer, der kaum etwas für seine Kuh bekommt, wenn er sie schlachten lassen will, ist natürlich geneigt, ihr am Lebensende keine allzu guten Bedingungen mehr zu bieten. Schon 10 Cent mehr pro Kilo Rindfleisch, die der Landwirt in das Wohlergehen der Tiere investieren muss, könnten einen gewaltigen Unterschied machen auf den Höfen in Deutschland.

Trägt Technologie zum Wohlbefinden der Tiere bei?
Stellen sie sich vor, ein Milchbauer wacht nachts auf, weil er einen Alarm auf seinem Smartphone erhält: Kuh Emma hat ein akutes Problem! Was soll daran schlecht sein? Wie bei jeder Technologie kommt es darauf an, wie und wofür man sie einsetzt. Umso wichtiger ist es, dass Experten und Wissenschaftler erforschen, welche Bedingungen ein Tier braucht, damit es ihm gut geht. Auf welche Weise ein Landwirt das dann erreicht, ob mit oder ohne Technik, ob mit vielen oder wenigen Tieren, sollten wir ihm überlassen.

Wie halten Sie von den SUPERKÜHEN?
Ein tolles Projekt, wenn es wirklich zeigt, dass die Welt und damit auch die Milchviehhaltung nicht schwarzweiß sind. Die Welt ist vielfältig, kompliziert, differenziert. Das mag manchmal anstrengend sein, aber nur wenn wir das hinnehmen und uns darauf einlassen, können wir Veränderungen anstoßen. Die Superkühe bieten dafür beste Voraussetzungen. Wann haben sich Journalisten schon mal mehr als ein paar Tage Zeit genommen, um über Kühe in Deutschland zu berichten? Die SUPERKÜHE kann jeder vier Wochen lang begleiten!

Professor Dr. Thomas Blaha arbeitete bis zu seiner Emeritierung 2015 an der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Seit 2007 ist er Vorsitzender der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz, einem Verbund von mehr als 1200 Veterinären. Er ist Mitglied der Animal Welfare Working Group der Federation of Veterinarians of Europe und leitete die Arbeitsgruppe für den Ethik-Kodex der Bundestierärztekammer. http://www.tierschutz-tvt.de/