Zum Projekt – Sensorstory

Zum Projekt Blick hinter die Kulissen: So funktioniert Superkühe.

Live aus dem Pansen

SUPERKÜHE ist die erste Sensorstory. Und so funktioniert´s.

Die Sensorstory ist ein neues journalistisches Format. Sie verleiht drei Kühen eine Stimme. Dafür überwachen Sensoren 30 Tage lang deren Leben. Sie sind näher dran, als es ein Reporter jemals sein könnte und sie stellen reale Live-Daten aus dem Stall und von der Weide in Echtzeit zur Verfügung: 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, im Kuh-Tagebuch und im Chat.

SUPERKÜHE zapft die Herdenmanagementsysteme der Milchbauern an, also Sensoren und Datenquellen, die auf den Höfen ohnehin Informationen einsammeln. Sie erheben, was und wie lange die Tiere fressen, wie viel und wie gute Milch sie geben oder wie gesund ihre Euter sind. Zusätzliche Sensoren messen Luftfeuchtigkeit und Stalltemperatur. Auch Hightech kommt zum Einsatz: Im Vormagen der drei Kühe dokumentiert ein weiterer Sensor, der so genannte Bolus, die Körperinnentemperatur, den Pansen-pH-Wert, das Trinkverhalten und die Bewegungsaktivität der Tiere. Und er schickt Warnmeldungen bei gesundheitlichen Problemen – aber auch, wenn die Kalbung beginnt.

Die Daten werden über eine Reihe von Stationen vermittelt: aus dem Pansen, aus dem Stall – per Mobilfunk in die Cloud, in das Redaktionssystem und von dort zum Nutzer im Chatbot oder auf diese Website. Auch für die Landwirte sind die Daten wertvoll, um besser auf die Gesundheit und das Wohlergehen ihrer Kühe achten zu können. SUPERKÜHE nutzt sie, um den Zuschauern einen Einblick in die Milchproduktion zu geben, wie sie ihn noch nicht hatten.

Sensoren

SUPERKÜHE zapft zunächst die Herdenmanagement-Systeme der Milchbauern an, also Sensoren, die auf den Höfen ohnehin Daten einsammeln. Damit können wir zum Beispiel messen, was und wie lange die Kühe fressen, wie viel und wie gute Milch sie geben, wie gesund ihre Euter sind. Zudem haben wir externe, für die Landwirtschaft entwickelte Sensoren gekauft, mit denen wir die Luftfeuchtigkeit und die Temperatur im Stall der SUPERKÜHE messen können. Und drei Pedometer, die dir zeigen, wie viel Schritte die Kühe zurückgelegt haben. Im Magen der drei Kühe messen außerdem Boli der Firma smaXtec die Köperinnentemperatur, den Pansen-pH-Wert, das Trinkverhalten und die Bewegungsaktivität der Tiere.

Ein Bolus ist eine zylinderförmige „Pille“, die dem Tier wie ein Medikament (zum Beispiel wie ein Kalzium-Bolus) verabreicht wird.

Der Tierarzt gibt den Bolus mithilfe eines Boluseingebers über das Maul ein. Für Kühe wie für Bauern ist das eine erprobte Prozedur, da auch Medikamente so verabreicht werden.

Pansen-Sensoren beeinträchtigen und beeinflussen das Tier nach heutigem Kenntnisstand nicht. Das hat uns unter anderem ABCERT bestätigt. Hier gibt es ein Interview dazu. Die Firma prüft, ob Landwirte die Vorgaben der Europäischen Verordnung für den Ökologischen Landbau (EG-ÖKO-VO) einhalten – ob sie ihre Produkte also mit dem staatlichen Bio-Siegel versehen oder Bezeichnungen wie „Bio“, „Öko“ oder „aus kontrolliert ökologischem/biologischem Anbau“ führen dürfen.

Für eine Kuh ist so ein Bolus nämlich nicht besonders groß. Ihr Pansen hat ein Fassungsvermögen von etwa 120 Litern, demgegenüber stehen die Bolusmaße von 132 × 35 mm. Boli in dieser Größe und Form werden seit Jahren in der Tiermedizin verwendet. Die Einnahme verursacht keine Schmerzen und dauert nur wenige Sekunden, fühlt sich aber mit Sicherheit ungewohnt und unangenehm für die Kuh an. Dafür lässt sich ihre Gesundheit mit dem Bolus lange Zeit überwachen. Und zwar so genau, dass die Wahrscheinlichkeit, Krankheiten rechtzeitig zu erkennen und frühzeitig zu behandeln, höher ist.

Wäre der Bolus kleiner und leichter, würde er gar nicht im Pansen bleiben. Die Kuh würde ihn wieder ausscheiden. Damit er an derselben Stelle liegen bleibt und zuverlässig Daten sammelt, muss er also eine gewisse Größe und Dichte haben.

Der Vorteil des Bolus ist: einmal geschluckt, liefert er zuverlässig Daten, ohne dass er die Kuh beeinträchtigt. Der Bolus geht nicht verloren, er kann nicht verrutschen und das Tier behindern – und es können auch keine Verletzungen entstehen, wie es bei äußerlich anliegenden Geräten manchmal der Fall ist. Zudem lässt sich nur so einfach der pH-Wert im Pansen bestimmen. Den Nutzen von Boli erklärt dir hier auch Prof. Jürgen Hummel von der Georg-August-Universität Göttingen.

Der pH-Wert ist ein Maß dafür, wie sauer oder basisch es im Pansen ist. Er hilft dabei, Krankheiten zu erkennen. Diese betreffen meistens die ganze Herde, da sie aufgrund der Fütterung entstehen, und bleiben ohne Wissen über den pH-Wert oft sehr lange unerkannt. Eine Pansenazidose löst oft auch eine Vielzahl an weiteren Krankheiten aus.Der Überblick über die Pansengesundheit der Herde macht also die Qualität des Futters sichtbar, außerdem erkennt der Landwirt, ob er das Futter für seine Tiere richtig zusammenstellt und ob er die Tiere oft genug füttert.

Mehrere Experten haben uns unabhängig voneinander bestätigt, dass keine Langzeitschäden bekannt sind. Bei der Entwicklung des von uns verwendeten Bolus wurden vielfach Tiermediziner konsultiert. Und die verwendeten Materialien wurden im Testzentrum der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft geprüft und mit einem DLG-Siegel versehen.

Boli werden vor allem im Ernährungs- und Gesundheitsbereich verwendet – beispielsweise werden Nahrungsergänzungsmittel wie Kalzium als Gesundheitsprophylaxe bzw. zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten Fütterung sowie Medikamente in Bolusform verabreicht. Und es gibt auch Boli zur Ortung der Tiere, vor allem bei kleinen Wiederkäuern wie Schafen und Ziegen.